Debian GNU
von Martin Schulze (joey@infodrom.north.de)

Seit über fünf Jahren arbeiten weltweit Entwickler im Debian-Projekt mit und erstellen Debian GNU (Linux sowie Hurd). Debian GNU/Linux ist jedoch nicht nur eine weitere Distribution am Linux-Firmament. Was es auszeichnet, beinhaltet dieser Vortrag.

Inhalt

Was ist Debian GNU?
Was ist das Debian-Projekt?
Wie es begann
Organisation des Projektes
Mitarbeiten kann jeder
Der Gesellschaftsvertrag
Die Debian-Richtlinien für Freie Software
Ideologie
Quellcode
Paketverwaltung
Policy
Was macht ein Debian-Paket aus
Kompatibilität
Internationalität
Support
Zusammenarbeit mit weiteren Projekten
Ressourcen

Debian GNU/Linux zählt heutzutage zu einer der führenden Linux-Distributionen. Technisch wird der Standard sehr hoch gehalten. Im Gegensatz zu anderen Distributionen steht hinter Debian jedoch keine Firma, sondern Ideologie und eine Gruppe Freiwilliger.

Dennoch - oder gerade deswegen - hat es Debian weit gebracht:

Was ist Debian GNU?

Debian GNU ist ein freies (bzw. Open-Source-)Betriebssystem für Computer verschiedener Architekturen. Herausgegeben wurde bisher Debian GNU/Linux für vier Architekturen. Das System besteht vollständig aus Freier Software. Es basiert auf dem Linux-Kernel und verwendet GNU-Software.

Debian GNU/Hurd befindet sich noch in der Entwicklung. Dieses System basiert anstelle des Linux-Kernels auf dem Hurd-Kernel von der Free Software Foundation (FSF). Davon abgesehen, wird es jedoch die gleichen Komponenten wie Debian GNU/Linux beinhalten.

Das Betriebssystem beinhaltet die umfassendste Sammlung Freier Software, die in einem System zusammengefasst ist. Die einzelnen Komponenten sind dabei sehr gut in das System integriert und arbeiten über verschiedene Mechanismen zusammen.

Was ist das Debian-Projekt?

Das Debian-Projekt ist ein Zusammenschluss von Leuten, die sich zum Ziel gesetzt haben, ein freies Betriebssytem herauszubringen sowie Linux und Freie Software zu unterstützen und dabei auf technische Ausgereiftheit wertlegen. Grundlage dazu bildet der Gesellschaftsvertrag[1], der festschreibt, wie der eigene Beitrag zur "Gemeinschaft für Freie Software" aussieht.

Das Projekt besteht zur Zeit aus ca. 500 Mitarbeitern im Alter von 13 bis 70 Jahren. Im Gegensatz zu Herstellern anderer Systeme steht bei Debian keine Firma im Hintergrund, sondern Idealismus. Alle Projektteilnehmer arbeiten mit, um Freie Software zu unterstützen.

Die gesamte Distribution wird von Freiwilligen aus allen Ecken der Welt zusammengestellt. In ihrer Freizeit beschäftigen sie sich mit Linux und steuern ihren Teil zum System bei. Jeder bearbeitet die Komponenten, die er selbst benutzt, oder das Aufgabenfeld, in dem er sich auskennt. Dadurch ist jeder Mitarbeiter ein Experte auf seinem Gebiet, wodurch hohe Qualität dieser Komponenten gewährleistet werden kann.

Wie es begann

Vor über fünf Jahren wurde Debian von Ian Murdock ins Leben gerufen. Ian hatte 1993 im Usenet zur Mitarbeit an einer neuen Linux-Distribution aufgerufen, nachdem er sich die bisherigen Distributionen angesehen hat. Sie wurden teilweise von Firmen erstellt oder von Einzelpersonen, denen die Arbeit über den Kopf wuchs. Keine Distribution bot Entwicklern jedoch die Möglichkeit mitzuarbeiten. Keine der Distributionen folgte dem GNU-Gedanken.

Mit den bisherigen Distributionen gab es mehrere Probleme. Zum Beispiel war es teilweise nicht einfach möglich, den zu den Binärpaketen passenden Quellcode zu finden. Zum anderen wurden einige Fehler in neuere Versionen übertragen, obwohl Korrekturen bereits verfügbar waren.

Es war zudem nicht klar ersichtlich, ob die Komponenten frei waren oder ob deren Benutzung oder Weitergabe durch besondere Lizenzen eingeschränkt wurde. Es gab keine Unterscheidung zwischen »frei« und »nicht frei«. Alle Programme lagen in einem Verzeichnis / auf einer CD. Abhängigkeiten zwischen einzelnen Komponenten waren zu dem Zeitpunkt noch Fremdworte. Man installierte das cron-Paket, jedoch keinen Mailserver - oder man installierte sendmail zusammen mit smail - und wunderte sich, dass es Probleme gab.

Darüberhinaus konnte man keineswegs davon ausgehen, dass ein installiertes Programm auch funktionierte, oder dass die eincompilierten Pfade mit den Beispielen im System übereinstimmten.

Kurzum: Linux war eine Fundgrube für Hacker. Wer jedoch ernsthaft arbeiten wollte, der benutze lieber etwas anderes - oder wurde zum Hacker und arbeitete sich in alles ein. Für einen Endanwender war das natürlich nicht akzeptabel.

Als Ian Murdock das Debian Projekt ins Leben rief, war man noch weit von einer Distribution entfernt. Zu Anfang war es wichtig, die benötigten Hilfsmittel zusammenzustellen. Zu Beginn waren ein Dutzend Mitarbeiter am Projekt beteiligt, darunter Ian Jackson und Bruce Perens. Überdies wurde Debian ein Jahr lang von der FSF finanziell unterstützt.

Organisation des Projektes

Geleitet wird das Projekt von einem Projektleiter, der jährlich neu aus den Reihen der Mitarbeiter gewählt wird. Er deligiert einen Teil der Aufgaben an weitere Personen oder Teams. Damit wird kontinuierliche Arbeit gewährleistet.

Nach Gründung im August 1993 stand Ian Murdock selbst (bis März 1996) dem Projekt vor. Anschließend übernahm Bruce Perens die Leitung, die im Januar 1998 an Ian Jackson übertragen wurde. Seit Februar 1999 schließlich hält Wichert Akkerman die Zügel in der Hand.

Der Projektleiter überträgt einen Teil seiner Verantwortung an weitere Personen, die sich freiwillig für diese Aufgabe bereit erklärt haben. So beschäftigen sich ein Teil der Mitarbeiter mit Lizenzen und diskutieren ihre Freiheit und Auswirkungen auf das Projekt (»debian-legal«). Eine weitere Gruppe befaßt sich mit der Policy und überdenkt diese (»debian-policy«). Die Diskussionsforen sind für jeden offen.

Hinzu kommen Personen, die für die Maschinen verantwortlich sind (»debian-admin« bzw. lokale Betreiber), Listmaster, Presse-Ansprechpartner, Webmaster, Release-Manager. Für die verschiedenen Portierungen ist meist ebenfalls eine kleine Gruppe zuständig, der weitere Mitarbeiter zuarbeiten.

Mitarbeiten kann jeder

Wichtig in einem freien Projekt ist die Möglichkeit zur Mitarbeit. Jeder sollte in der Lage sein, sich selbst einzubringen und selbst etwas für die Qualität zu tun. Diese Möglichkeit ließen andere Distribution vermissen.

Obwohl die meisten Mitarbeiter im Debian-Projekt als Paket-Betreuer anfangen, sind viele weitere Aufgabenfelder vorhanden. Insbesondere im Bereich Dokumentation liegt immer Arbeit an.

Der Paket-Betreuer wartet eine Reihe von Software-Paketen, die er selbst benutzt. Da er ein persönliches Interesse an diesen Paketen und an ihrem Funktionieren hat sie mit viel Sorgfalt zusammengestellt und gepflegt.

Der Gesellschaftsvertrag

Die folgenden Punkte legt Debian im Gesellschaftsvertrag fest:

  1. Debian wird 100% Freie Software bleiben

    Wir versprechen, dass die Debian-GNU/Linux-Distribution auch weiterhin vollständig aus Freier Software bestehen wird. Da es viele verschiedene Auslegungen des Begriffs "Freie Software" gibt, haben wir weiter unten die Richtlinien (nächster Abschnitt) aufgeführt, nach denen wir Freie Software identifizieren. Trotzdem werden wir Anwender unterstützen, die nicht-freie Programme einsetzen oder entwickeln. Wir werden aber niemals das Gesamtsystem von nicht-freier Software abhängig machen.

  2. Unser Beitrag zur Gemeinschaft für Freie Software.

    Wenn wir neue Komponenten des Debian-Systems schreiben, so werden wir sie als Freie Software lizenzieren. Wir werden das bestmögliche System erstellen, so dass Freie Software weit verbreitet und genutzt wird. Wir werden Korrekturen, Verbesserungen, Anwenderwünsche usw. an die ursprünglichen (»upstream«) Autoren weiterleiten, deren Programme in unser System integriert wurden.

  3. Wir werden Probleme nicht verbergen.

    Wir werden unsere Fehlerdatenbank für alle Zeiten öffentlich betreiben. Fehlermeldungen, die von Anwendern online abgeschickt werden, werden augenblicklich für andere sichtbar.

  4. Unsere Prioritäten sind unsere Anwender und Freie Software.

    Wir orientieren uns an den Bedürfnissen unserer Anwender und der Gemeinschaft für Freie Software. Ihre Interessen stehen an erster Stelle. Wir werden unsere Nutzer bei ihrer Arbeit mit den verschiedensten Rechnerumgebungen unterstützen. Wir haben nichts dagegen, dass kommerzielle Software auf Debian-Systemen eingesetzt wird. Außerdem erlauben wir anderen eine erweiterte (»value-added«) Distribution zu erstellen, die Debian und kommerzielle Software enthält, ohne dafür irgendwelche Gebühren zu erheben. Um diese Ziele zu erreichen, werden wir ein integriertes System von hoher Qualität und 100% Freier Software anbieten, die die gerade beschriebene Nutzung nicht durch rechtliche Einschränkungen, wie z. B. durch Lizenzverträge, verhindert.

  5. Programme, die nicht unseren Standards für Freie Software genügen.

    Wir wissen, dass einige unserer Anwender unbedingt Programme einsetzen müssen, die nicht den Debian-Richtlinien für Freie Software entsprechen. Für solche Programme haben wird die zusätzlichen Bereiche contrib und non-free auf unserem FTP-Archiv eingerichtet. Die Software in diesen Verzeichnissen ist nicht Bestandteil des Debian-Systems, wurde aber trotzdem für den Einsatz in einem Debian-System vorbereitet. Wir empfehlen den CD-Herstellern, die jeweiligen Lizenzbestimmungen der Programmpakete in diesen Verzeichnissen zu studieren und selbst zu entscheiden, ob sie die Programme mit ihren CDs verteilen dürfen. Obwohl die Programme aus non-free nicht Bestandteil der Debian-Distribution sind, unterstützen wir ihren Einsatz und bieten Infrastruktur für diese nicht freien Programme an, z. B. unsere Fehlerdatenbank und die Mailing-Listen.

Die Debian-Richtlinien für Freie Software

Auf Englisch »Debian Free Software Guidelines« (DFSG).

  1. Unbeschränkte Weitergabe

    Ein Bestandteil der Debian-Distribution darf durch seine Lizenz nicht verhindern, dass irgendjemand diese Software als Bestandteil einer Software-Distribution, die Programme aus den verschiedensten Quellen enthält, verkauft oder weitergibt. Die Lizenz darf keine Abgaben oder sonstige Leistungen für einen solchen Verkauf fordern.

  2. Quellcode

    Das Programm muss im Quellcode vorliegen, und es muss die Weitergabe sowohl im Quellcode als auch in compilierter Form erlaubt sein.

  3. Weiterführende Arbeiten

    Die Lizenz muss Veränderungen und weiterführende Arbeiten gestatten und es erlauben, dass diese unter den gleichen Lizenzbedingungen weitergegeben werden dürfen wie die Original-Software.

  4. Integrität des ursprünglichen Quellcodes

    Die Lizenz darf die Weitergabe von verändertem Quellcode nur dann verbieten, wenn sie die Weitergabe von sogenannten Patch-Dateien mit dem Quellcode erlaubt, die dazu dienen, das Programm vor seiner Herstellung zu modifizieren. Die Lizenz muss ausdrücklich die Weitergabe der aus dem veränderten Quellcode erzeugten Programme erlauben. Die Lizenz darf fordern, dass die veränderten Programme einen anderen Namen oder eine andere Versionsnummer tragen müssen.

    (Dies ist ein Kompromiss. Die Debian-Gruppe ermutigt alle Autoren, Veränderungen an Dateien sowohl im Quellcode als auch in Binärform zu erlauben.)

  5. Keine Diskriminierung von Personen oder Gruppen

    Die Lizenz darf keine Person oder Gruppe von Personen diskriminieren.

  6. Keine Diskriminierung von Einsatzbereichen

    Die Lizenz darf keine Einschränkungen hinsichtlich des Einsatzbereichs vornehmen. Beispielsweise darf sie nicht verhindern, dass das Programm geschäftlich oder für genetische Forschungen verwendet wird.

  7. Weitergabe der Lizenz

    Die mit einem Programm verbundenen Rechte müssen für alle gelten, die das Programm erhalten, ohne dass es für sie notwendig ist, eine zusätzliche Lizenz zu erwerben.

  8. Keine spezielle Lizenz für Debian

    Die mit dem Programm verbundenen Rechte dürfen nicht davon abhängig sein, dass das Programm Teil des Debian-Systems ist. Falls das Programm aus der Debian-Distribution herausgenommen wird und ohne Debian genutzt oder vertrieben werden soll, ansonsten aber im Rahmen der Programmlizenz bleibt, so müssen alle Parteien, die das Programm bekommen, die gleichen Rechte haben, wie sie im Zusammenhang mit dem Debian-System gewährt wurden.

  9. Keine Auswirkungen auf andere Programme

    Die Lizenz darf keine Beschränkungen besitzen, die Auswirkungen auf andere Software hat, die mit diesem Programm weitergegeben wird. Beispielsweise darf die Lizenz nicht vorschreiben, dass alle anderen Programme auf dem gleichen Medium Freie Software sein müssen.

  10. Beispiellizenzen

    Die GPL, BSD- und »Artistic«-Lizenzen sind Beispiele für Lizenzen, die wir als »frei« betrachten.

Ideologie

An den Formulierungen des Gesellschaftsvertrages und der Richtlinien für Freie Software ist zu ersehen, dass die Mitarbeiter bei Debian viel Wert auf Freiheit legen. Nur der Bereich main beinhaltet Freie Software und ist Bestandteil von Debian GNU.

Eine enge ideologische Verwandtschaft zur Free Software Foundation und zu Richard Stallman, dem Begründer Freier Software, lässt sich nicht leugnen. Die FSF hat das Debian-Projekt anfangs zudem unterstützt, dennoch ist es eigenständig und legt seine Regeln selbst fest.

Die Mitarbeiter bei Debian haben eine starke Meinung für Freie Software und vertreten diese auch in der Öffentlichkeit. Dadurch definiert sich das Debian Projekt erst. Viele sind überhaupt durch diese Garantie erst zu Debian gekommen. Ohne diese strengen Richtlinien würden viele nicht im Debian-Projekt mitarbeiten.

Einige Male konnte sogar erreicht werden, dass Autoren ihre Lizenz überdacht haben und in der neuen Version ihrer Software eine freiere verwendet haben. Oftmals wollten die Autoren Freie Software entwickeln, haben jedoch ihr Terrain verlassen und zusätzlich eine Lizenz erarbeitet. Teilweise enthielt sie unerwünschte Restriktionen, die auf Anhieb nicht zu erkennen waren. Beispiele dafür sind ircII (sowie Erweiterungen BitchX und EPIC), vim und ncftp.

Im Debian-Projekt wird sehr sorgfältig mit Lizenzen umgegangen. Jede Lizenz wird auf jeden Fall vom Paketbetreuer selbst gelesen und überprüft. Danach wird entschieden, ob das Paket in die Distribution aufgenommen werden darf oder nicht. Wenn sich der Paketbetreuer bei einer Lizenz nicht sicher ist, fragt er auf einer entsprechenden Mailing-Liste nach. Dort lesen die Leute mit, die sich ausführlich mit Lizenzen beschäftigt haben.

In jedem Binärpaket wird die Lizenz des Pakets oder ein Verweis darauf in /usr/doc/Paketname/copyright gespeichert. Die Benutzer werden nicht im Unklaren darüber gelassen, woher das Paket stammt, und wer es entwickelt hat. Der Autor eines Pakets wird auf jeden Fall genannt und damit seine Arbeit gewürdigt.

In dieser Datei steht zudem eine Adresse, von wo das ursprüngliche Paket geholt wurde. Dadurch sind die Benutzer in der Lage, selbst an der Entwicklung dieses Pakets mitzuwirken und gegebenenfalls Vorabversionen zu installieren, bevor sie in die Debian-Distribution aufgenommen werden.

Darüber hinaus werden sogenannte ChangeLog-Dateien installiert, aus denen die Entwicklung des Pakets zu ersehen ist, sowohl der ursprünglichen als auch der Debian-Versionen. So kann jederzeit nachvollzogen werden, wie sich die Pakete entwickeln.

Quellcode

Die Mitarbeiter von Debian vertreten die Ansicht, dass nur etwas frei ist, was sie verändern und ohne die Lizenz zu verletzen weitergeben dürfen. (siehe DFSG, 2. und 4.) Der Quellcode zu jedem in der Distribution (main) enthaltenen Programm liegt in einem Parallelverzeichnis source zu den Binärpaketen auf dem FTP-Server und dessen Spiegelungen.

Auf den Quellcode zu einem Paket muss einfach zugegriffen werden können. Die Hersteller der Distribution müssen dafür Sorge tragen, dass die Quellcode-Pakete auf die gleiche Weise verfügbar gemacht werden wie die Binärpaket.

Debian verfolgt dabei das Konzept des »Pristine Source«. Die Quellcode-Pakete von Debian bestehen normalerweise aus drei Komponenten:

Debian hat Wert darauf gelegt, den Quellcode so weiterzugeben, wie die ursprünglichen Autoren ihn freigegeben haben. Bei einer neuen Version des Pakets wird die .orig.tar.gz-Datei nur dann neu auf den Server gelegt, wenn sich komplett neuer Code benutzt wurde. Wenn hingegen nur in den Anpassungen für das System etwas geändert wurde, werden nur die beiden letzten Dateien auf dem Server ausgetauscht.

Durch die separate .diff.gz-Datei wird zum einen verhindert, dass zum Compilieren bei einer neuen Debian-Version das komplette Quellcode-Paket neu aus dem Netz gezogen werden muss, zum anderen wird so eine Möglichkeit geschaffen, die qualitativ hochwertigen Debian-Pakete auch auf Nicht-Debian-Systemen zu verwenden.

Paketverwaltung

Als Debian vor über fünf Jahren gegründet wurde, konnte keine bisherige Distribution eine ordentliche Paketverwaltung aufweisen. Zu Anfang musste daher viel Energie in das Design und schließlich in die Implementierung der Paketverwaltung gesteckt werden.

Da die Komponenten des Betriebssystems nicht aus einer Quelle sondern von vielen verschiedenen Autoren oder Teams stammen, werden sie als Pakete bezeichnet. Dass die Distribution nicht zu einem Flickenteppich wird, dafür sorgt die Paketverwaltung, ein zentrales Instrument jeder Distribution.

Unter einer Paketverwaltung ist folgendes zu verstehen:

Die Qualität der Distribution hängt entscheidend von diesen Werkzeugen ab. Bevor Debian richtig anlaufen konnte, musste daher die Paketverwaltung in Form des Programms dpkg entwickelt werden. Es wurde sorgfältig entworfen, was dem Projekt heutzutage zugute kommt.

Da Pakete der Distribution auf verschiedenen Medien vorliegen (FTP-Server, Webserver, CD's, NFS-Server usw.), sorgen sogenannte Front-Ends (dselect, apt-get, apt-find, gnome-apt, swim) dafür, dass die Pakete geholt und der Paketverwaltung übergeben werden. Diese Programme untersuchen Abhängigkeiten sowie Konflikte zwischen Paketen und reagieren entsprechend.

Policy

Die Policy eines Systems legt grundlegende Richtlinien fest, wie das System organisiert ist. Dazu gehört die Verwendung von speziellen User-IDs für bestimmte Teilsysteme, die Verwendung von Runlevel, die Organisation des xdm, von Cronjobs usw. Darüberhinaus werden allgemein akzeptierte Standards übernommen.

Debian GNU hält sich größtenteils an die von fast allen Distributions-Herstellern akzeptierte »Linux Filesystem Structure«[2] (FSSTND). Überdies hat das Debian Projekt weitere Richtlinien aufgestellt, die im »Debian Policy Manual«[3] niedergeschrieben wurden.

Diese Dokumente legen z.B. fest,

Was macht ein Debian-Paket aus

Allein aus der Tatsache, dass die Betreuer der Pakete eigenes Interesse an funktionierenden Paketen haben, befinden sich die meisten in einem sehr guten Zustand. Sie sind sehr gut in das System integriert und nutzen die vielfältigen Mechanismen, die ein Debian-System bietet.

Seine Stärke zeigt Debian z.B. mit dem Menüsystem. Viele Pakete installieren Menüdateien und registrieren damit ihre Programme im Menüsystem. Die meisten Debian-Pakete von Window-Managern für X11 unterstützen dieses System und erzeugen im Anschluss an eine Installation speziell angepasste Konfigurationsdateien für die Window-Manager, so dass die Programe in fast allen im Menü erscheinen.

Über spezielle Schnittstellen zu dwww und doc-base werden die in den Paketen enthaltenen Texte zusätzlich als Dokumentation registriert. Mit dwww erhält der Anwender eine einfache Möglichkeit, auf die gesamte Dokumentation zuzugreifen: http://localhost/dwww/.

Zusätzliche Mechanismen sorgen dafür, dass sich neue Pakete in das System einpassen. Dazu gehört z.B. ein Mechanismus, der Anwendungsprogramme automatisch in die Menüstruktur aller X11-Window-Manager und eines textbasierten Menüsystems pdmenu aufnimmt. Zusätzliche Abstraktionsebenen und Kontrollstrukturen sorgen dafür, dass verschiedene Systemeigenschaften transparent verwaltet und von den Paketen manipuliert werden können. (So z.B. der Boot-Vorgang, Window-Manager, Wörterbücher, gleichlautende Programme, Logdateien etc.).

Hinzu kommt, dass sich die Betreuer auf vielen Mailing-Listen austauschen und ihre Pakete weiter anpassen, wenn es nötig wird. Über das öffentliche Bug-Tracking-System werden zudem weitere Fehler berichtet oder Wünsche geäußert, die die Betreuer meistens relativ zeitnah umsetzen.

Das Bug-Tracking-System ist ein mailgesteuertes System, über das jeder Fehler oder Wünsche zu den Paketen berichten kann. Die vermeintlichen Fehler sind solange als »ausstehend« (pending) markiert, bis der Betreuer den Status auf »erledigt« (done) setzt. Sie werden einen Monat nach der letzten Änderung gelöscht, wenn sie erledigt sind. Die Berichte werden für das Web aufbereitet und sind dort von jederman einzusehen.[4]

Da die komplette Entwicklung des Systems öffentlich stattfindet und man sich jederzeit den aktuellen Stand vom FTP-Server[5] laden und installieren kann, befindet es sich quasi zu jedem Zeitpunkt in einer Testphase und wird beobachtet. So werden viele Fehler schon sehr früh entdeckt und viele Verbesserungsvorschläge fließen in die Distribution ein, lange bevor eine neue Gesamtversion (Release) ansteht.

Kompatibilität

Die beiden Formate .deb und .rpm wurden wahrscheinlich ungefähr zur gleichen Zeit entwickelt. Im Gegensatz zu .rpm wird eine .deb-Datei mit Standard- Werkzeugen unter Unix zusammengesetzt. Sie kann daher auf jedem Unix-System mit den Befehlen ar, tar und gzip in ihre Komponenten zerlegt werden.

Die beiden Formate sind keineswegs inkompatibel. Die im jeweiligen System üblichen Werkzeuge unterstützen jedoch nur das eigene Format. Um Pakete im jeweils anderen Format auf einem System zu installieren, wird das Paket mit dem Befehl alien in das lokale Format konvertiert und anschließend installiert.

Internationalität

Debian GNU ist zwar in Amerika geboren, jedoch keine rein amerikanische Distribution. Da die Mitarbeiter zum größten Teil nicht in den USA wohnen, und Englisch meisten nicht die Muttersprache ist, wird viel Energie darauf verwendet, die Distribution international zu halten.

Die Mitarbeiter übersetzen einen Teil der Dokumentation selbst in ihre Muttersprache und geben die Übersetzung zurück ans Projekt. Die Installationsanleitung ist in mehrere Sprachen übersetzt worden. Die Texte auf den Installationsdisketten wurden in acht Sprachen übersetzt.

Viel Energie wird in die Web-Präsenz des Projektes[8] gesteckt. Verschiedene Teams übersetzen aktuelle News und allgemeine Texte in ihre Muttersprache und pflegen sie ins Archiv ein. Die Web-Präsenz ist eine der wenigen, die bisher Content-Negotiation nutzen. Das bedeutet, dass der Browser des Benutzers bei Anforderung einer Seite eine Liste gewünschter Sprachen überträgt. Ist dort z.B. de vor en gestellt, dann wird die deutschprachige Seite zurückgegeben anstelle der Englischen.

Support

Hinter Debian steht keine Firma. Erhält ein Anwender trotzdem Unterstützung bei Problemen?

Der Anwender kann niemanden am Telefon regresspflichtig machen, wenn es Probleme gibt.

Verfügt er jedoch einen Internet-Anschluss, dann kann er auf vielfältige Weise Kontakt zu hilfsbereiten Mitarbeitern und Anwendern aufnehmen. Auch hier engagieren sich die Leute in ihrer Freizeit und sind dadurch erheblich motivierter als wenn sie für Support angestellt wären.

Die klassische Adresse für allgemeine Probleme ist die englischsprachige Mailing-Liste »debian-user«[6]. Für deutsche Anwender ist die deutsche Mailing-Liste[7] gedacht. Auf beide Listen kann sich jeder einschreiben. Beide Listen werden im Web archiviert, so dass sie auch gelesen werden können, ohne auf ihnen eingetragen zu sein.

Darüber hinaus treffen sich viele Entwickler im Internet Relay Chat (IRC), einem Echtzeit-Diskussions-System, auf den Kanälen #Debian (auf irc.debian.org) und auf #Debian.DE (auf irc.fu-berlin.de).

Zusammenarbeit mit weiteren Projekten

Das Debian-Projekt engagiert sich zusamen mit weiteren Herstellern von Linux-Distributionen im Linux Standard Base (LSB). Ziel des LSB besteht darin, einen Standard zu entwickeln, der die Kompatibilität der verschiedenen Distributionen zueinander steigert. Die standardisierte Basis soll von allen Linux-Distributionen unterstützt werden. Dadurch soll es für Softwarehersteller einfacher sein, Linux-Versionen zu entwickeln, da sie auf gewisse Standardkomponenten (außer der libc) zurückgreifen können.

Der Erfolg von Debian spiegelt sich in einigen daraus hervorgegangenen Projekten wieder. Die russische Distribution YeS, das französisches "Projet Linux Edu", die italienische Prosa sowie das deutsche Eagle-Linux basieren direkt auf Debian GNU/Linux. In Japan stellt Debian-JP Erweiterungen zur Distribution zur Verfügung, die nach und nach in die reguläre Distribution integriert werden.

Corel erstellt darüber hinaus zur Zeit eine eigene Linux-Distribution, die auf Debian GNU/Linux basiert. Der Corel Linux Desktop (CLD) richtet sich direkt an Desktop-Computer.

Ressourcen

  1. Gesellschaftsvertrag
    http://www.debian.orgs/social_contract
  2. Filesystem Structure
    ftp://ftp.infodrom.north.de/pub/Linux/Docs/FSSTND/fsstnd-1.2.txt.gz
  3. Debian Policy Manual
    ftp://ftp.debian.de/pub/debian/doc/package-developer/policy.text.gz
  4. Bug Tracking System
    http://bugs.debian.org/
  5. Debian Archiv
    ftp://ftp.debian.de/
  6. Mailing List Subscription
    http://www.debian.de/MailingLists/subscribe
  7. Deutche User-Mailing-Liste
    http://www.Infodrom.North.DE/Debian/debian-user-de.html
  8. Debian Web-Präsenz
    http://www.debian.de/
  9. Projet Linux Edu
    http://www.linuxedu.org/
  10. Japanisches Debian
    http://www.debian.or.jp/
  11. YeS - Russisches Debian
    http://eugene.mplik.ru/doc/lys/
  12. Prosa
    http://www.prosa.it/
  13. Eagle Linux
    http://www.eagle-cp.com/